von Ilka T.
Ein Auslandspraktikum zu machen, war im Frühjahr 2021 gar nicht so einfach – die Corona-Pandemie hatte die Möglichkeiten stark eingeschränkt. Doch „Dänemark gilt auch als Ausland“ hatte Frau Machat einmal augenzwinkernd gesagt, und dahin ließ es sich mit etwas Aufwand (tägliche Tests durch anerkanntes dänisches Medizinpersonal und Kontrollen an der Grenze mit dem Nachweis, dass ich zum Arbeiten einreise) jedenfalls reisen.
Der Direktor des Deutschen Museums Nordschleswig in Sonderburg, Hauke Grella, sah kein Problem darin, eine Praktikantin aus Deutschland willkommen zu heißen, obwohl das Museum noch für das Publikum geschlossen war. So konnte ich von Anfang März bis Ende Mai in Sonderburg im Deutschen Museum und Archiv mitarbeiten. Das Museum hatte gerade erst (August 2020) seinen Erweiterungsbau mit der neugestalteten Ausstellung zur Geschichte, Kultur und Identität der deutschen Minderheit in Nordschleswig einweihen können, gleichzeitig hat auch das Archiv der deutschen Minderheit nun in dem Neubau einen Platz gefunden. Der Umzug der Ausstellungsstücke sowie der Archivalien war noch nicht abgeschlossen, und da der bisherige Archivleiter in den Ruhestand gegangen war und viele ehrenamtliche Mitarbeiter wegen der Pandemie lieber zu Hause blieben, gab es viel zu tun. Nach der Hälfte meiner Praktikumszeit durfte das Museum wieder öffnen, und die neue Archivleiterin, Nina Jebsen, trat ihre Stelle an. Neben Arbeiten im Archiv, habe ich mich hauptsächlich mit der Recherche zu einem historischen Thema beschäftigt. Es war eine Sonderausstellung zur Geschichte des Landwirtschaftlichen Hauptvereins geplant, die das von nationalen Konflikten bestimmte Ringen um Landbesitz in Nordschleswig zu Beginn des 20. Jahrhunderts zum Thema haben sollte. In diesem so genannten Bodenkampf wurden reichsdänische Bauern von dänischer Seite großzügig bei einer Ansiedlung in Nordschleswig unterstützt, während von deutscher Seite günstige Kredite an deutsch gesinnte Bauern gegeben wurden, um sie in einer Zeit der Landwirtschaftskrise auf ihren Höfen zu halten. Dahinter stand die politische Zielsetzung der deutschen Minderheit nach 1920, eine Revision der Grenze zu erwirken, und der Umfang des Landbesitzes deutsch gesinnter Bauern war dabei ein gewichtiges Argument. Neben der wissenschaftlichen Arbeit an dem Thema habe ich mich mit der Frage auseinandergesetzt, wie ein solches wirtschaftliches Thema anschaulich darzustellen ist. Welche Artefakte gibt es? Welche Möglichkeiten bildhafter oder grafischer Darstellung? Dabei habe ich die Idee entwickelt, einzelne Höfe zu porträtieren und ihre Entwicklung, abhängig von den verschiedenen Besitzverhältnissen nachzuzeichnen. Außerdem fand sich im Archiv das Manuskript einer unveröffentlichten Erzählung (Schmidt-Gorsblock, Hans: Höfe an der Au), die die Ereignisse dieser bewegten Zeit fiktional behandelt. Diese könnte, kritisch editiert, das Thema illustrieren.
Die Zeit in Sonderburg hat mir sehr gut gefallen. Ich konnte viele im Studium gewonnene Kompetenzen einbringen. Mir wurde großes Vertrauen entgegengebracht, und ich durfte frei und selbstständig arbeiten. Der Museumsleiter Hauke und die anderen Mitarbeiter*innen waren sehr hilfsbereit und zugewandt. Das Arbeiten in Dänemark habe ich als sehr viel
entspannter als in Deutschland erlebt. Alle setzen sich regelmäßig für einen Schnack bei Kaffee und Kuchen zusammen, die Arbeitszeiten sind sehr flexibel, die Türen zu den Büros sind offen, es wird sich selbstverständlich geduzt… Gelernt habe ich auch: Die Umgangssprache der deutschen Minderheit in Dänemark ist Sønderjysk, ein plattdänischer Dialekt. Nicht nur deswegen hätte ich mir gewünscht, dass mein Dänisch schon besser gewesen wäre. Mit Hochdeutsch kam ich zwar gut bei der Arbeit zurecht, doch bei Telefonaten, im Kontakt mit Besucher*innen oder auch nur dem Postboten konnte ich aber leider wenig hilfreich sein.